„Bürger, Insassen, Fremde und Exulanten“ (Langform)
Im 17. Jahrhundert wandelte sich die Bevölkerung von Redwitz stärker als Wirtschaft und Stadtbild. Im Markt Redwitz scheint die Zahl der Haushalte vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit relativ stabil gewesen zu sein. Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatte der Markt noch 700 Einwohner.1 In den Dörfern des markgräflichen Umlands, die zur Gemeinde von Redwitz gehörten, lebten 1649 weitere 1.300 Protestanten. Vielleicht gab es zu den Ackerbürgern von Dörflas, die ähnlichen Gewerben nachgingen, schon im 16. Jahrhundert so enge familiäre Kontakte wie später.
1649 musste Georg Leopold für seine Obrigkeit in Eger ein Häuserverzeichnis erstellen. Innerhalb des Stadtmauerrings waren nur wenige Wohnhäuser niedergebrannt und 1649 standen noch 78. Daneben gab es noch „öffentliche Bauten“, die auch bewohnt waren: das Pfarr- oder Kaplanhaus, die beiden Schulhäuser, die Badstube, das Rathaus, eine Mühle und ein Büttelhaus. Außerhalb der Tore lagen noch 25 kleine Häuslein, drei Mühlen, zwei Hirtenhäuslein und das Totengräberhäuslein. Leopold nennt in seiner Chronik aber nicht die Zahl der Nebengebäude die zu jedem Anwesen gehörten, also Handwerks-Betriebsräume, Lager, Brauräume, Scheunen und Ställe. Vor den Toren lagen weitere Stadel für brennbare und grobe Materialien – diese waren im Krieg niedergebrannt worden.2
Es ist davon auszugehen, dass schon damals die meisten Häuser mehrere, meist zwei Besitzer hatten, die mit ihren Hausgemeinschaften in ihnen wohnten. Dazu kamen vielleicht noch Mietwohnungen für Alte und nichtbürgerliche Ehepaare. Zur „Familie“ zählten damals neben Hausherr und Hausfrau nicht nur deren Kinder sondern auch unverheiratete Mitbewohner, eben das Gesinde (Magd, Knecht), die Mitarbeiter des Meisters (Lehrlinge und Gesellen) und andere Unmündige (Handelsgehilfen, Schüler von auswärts). Nach dem Krieg kamen also im Durchschnitt auf jede Hausgemeinschaft etwa vier Personen. Dies ist ein Hinweis, dass kurz nach dem Krieg das Bevölkerungsdefizit vielleicht bei 20 Prozent lag. Im Vergleich dazu entfielen nämlich in Friedenszeiten in anderen Landstädten auf einen Haushalt etwas mehr als fünf Personen, entsprechend zwei Eltern, etwas mehr als zwei Kinder und ein lediger Dienstbote oder Arbeiter. Grund waren die ökonomischen Strukturen in der Frühen Neuzeit. 3 Da die alten Hauseltern Besitz, Wohnung und Arbeitsstätte oft sehr spät oder mit ihrem Tod übergaben, waren die „Kinder“ manchmal schon sehr alt. Erst nach der Übergabe konnten letztere heiraten und einen eigenen Hausstand gründen. Großeltern gab es also meist nur in vermögenden Familien. Die statistisch geringe Zahl von Kindern erklärt sich dadurch, dass zwar die Mütter oft bis zu einem Dutzend Geburten hatten, doch oft starb nahezu die Hälfte der Kinder in den ersten Lebensjahren. Viele Heranwachsende und Erwachsene starben unverheiratet und damit ohne Kinder. Die meisten waren bei der ersten Heirat schon kurz vor dem dreißigsten Lebensjahr. Für Frauen war die gebärfähige Zeit zwischen Heirat und Menopause damals kürzer als heute (Ernährung, Krankheit, Umweltstress). Dazu kam die hohe Müttersterblichkeit bei der Geburt. Verwitwete suchten dann sehr rasch einen neuen Partner. Kleinfamilien mit „patch-work“ Struktur waren vor 1800 sehr verbreitet.
Die Strukturen macht die Ruhr-Epidemie von 1637 deutlich. Viele, besonders Arme, waren verstorben, und nach vier Monaten gab es eine Flut von Hochzeiten (der Erben und Verwitweten).4 (Es wäre zu untersuchen, wie sich diese Parameter von Heiratsalter, Müttersterblichkeit damals in Marktredwitz veränderten.)
Selbst vermögende Familien mit genug Nahrung, Zugang zu Medizin und ungefährlichen Berufen konnten aussterben. Ein Beispiel hierfür ist Georg Leopold. Er heiratete Barbara die einzige Tochter des Gastwirts Dietl. Beide hatten zwölf Kinder, doch nur sechs überlebten. Vier davon heirateten und hatten eigene Nachfahren, doch eines verlor alle drei Kinder. Von dieser Enkelgeneration starb die Hälfte. Dabei hatten die Leopoldnachfahren, die Handwerker waren, weniger Aussicht viele Kinder zu bekommen, als die Akademiker (Pfarrer, Juristen, Ärzte) – bzw. deren Ehefrauen.
Weil nun die Gesellschaft nur wollte, dass diejenigen Eltern werden, die auch die Mittel dazu hatten, finden sich über Jahrhunderte immer wieder dieselben Familiennamen.5
Der Grund liegt darin, dass die Kleinstädter an ihren Ort gebunden waren. Die Redwitzer bezogen ihr Einkommen über die landwirtschaftlichen Flächen, die zu Häusern gehörten oder durch Werkstätten. Dadurch waren sie an den Ort gebunden und konnten nicht andernorts bessere Arbeit finden. Söhne aus dem Handwerk ziehen fort, bis ihr Vater den Betrieb übergibt, dann kehren sie zurück. So finden sich dieselben Namen über Jahrhunderte, Geschlechter, die viel untereinander heirateten (das nennt sich Endogamie). Zuwanderung findet am ehesten dann statt, wenn eine Tochter erbt und kein passender Ehepartner vor Ort ist – dann bildeten sich „neue“ Geschlechter. So kam der erste Leopold, Johann aus Mitterteich nach Redwitz. Als Akademiker hatte er ein Einkommen unabhängig von Eigenbesitz und als Pfarrer stand er an der Spitze der geistlichen Obrigkeit. Die Söhne und Enkel heirateten standesgemäß in alte Familien ein (Gastwirte, Schreiber, Lehrer) und bald waren die Leopolds ein Redwitzer Geschlecht mit Besitz vor Ort. Leopold erwähnt nur wenige Abwanderungen von Bürgerskindern zu seiner Zeit: 11 Geistliche, 4 Lehrer, 6 Beamte, 2 Offiziere, 3 Händler und 55 Handwerker. Akademiker wanderten leichter ab: Der Onkel von Georg Leopold, Johann Scharff (1569/1629), wurde in Wiesau kurfürstlicher Richter, sein Bruder Georg Sekretär des Rheingrafen (+1638).6
Unbeachtet in der Geschichtsschreibung blieb bisher, dass die Knechte und Mägde, die den Ackerbürgern halfen, oft gar keine Einheimischen waren. Auf dem Land gab es nämlich tatsächlich mehr Kinder. Die nachgeborenen Bauernsöhne und -töchter mussten sich auf fremden Höfen verdingen. (Je nach Wirtschaftslage war das nur eine Lebensphase, bis sie einen eigenen Hof erwerben konnten.) Für den Markt Redwitz waren das die billigen Arbeitsmigranten, die nicht integriert werden mussten. Georg Leopold fällt dies erst auf, als die Knechte und Mägde nach dem Krieg mehr Lohn verlangen. Er übergeht, dass diese Arbeitsmigranten aus der Pfalz katholisch waren. 1657 ermahnten Eger und der Bischof von Regensburg, dass die lutherischen Hausbesitzer und der Rat den Pfarrer von Waldershof bei der Seelsorge für die katholischen Einwohner, Handwerksburschen und Dienstboten nicht hindern dürfen. Der Rat erwiderte, es gäbe nur 7 Bürger (und übergeht die anderen Bewohner).7
Der Dreißigjährige Krieg brach die Strukturen der ortsfesten Familien auf, die Zu- und Abwanderung nahmen zu.
Als erste Gruppe von Migranten sind die Exulanten zu nennen. Die Rekatholisierung der Pfalz und Egers führte dazu, dass Protestanten hereinflüchteten. Die Redwitzer nahmen diese Glaubensgenossen gerne auf, denn sie brachten oft Besitz mit. So kam der Onkel Johann Scharff 1629 wieder zurück, als Maximilian von Bayern nach seiner Übernahme der Kurwürde die Pfalz rekatholisierte. Er spendete viel für die protestantische Kirche in Redwitz.8 Der Kaiser duldete aber nicht, dass seine Untertanen mit verbotener Konfession in einem Winkel seiner Erbländer Unterschlupf fanden. Also musste der Magistrat von Eger seinen Markt Redwitz dazu drängen, exilierte Egerer auszuweisen.9 Einige Exulanten aus Kärnten und von anderen Orten ließen sich dennoch nieder.10
Sobald der Krieg aber im Umland tobte, veränderten sich die Bevölkerungsbewegungen. Gewalttaten auf den Straßen oder bei Plünderungen der Orte machten viele zu Witwen uns Waisen. Durch häufige Seuchen (1633 forderte die Pest 200 Tote) und Hunger starben ganze Bürgerfamilien aus.11 Dadurch konnten Auswärtige einheiraten oder Wohnraum und Betriebsstätten übernehmen.
Lange Perioden des Krieges waren von zeitweise Fliehenden bestimmt, der zweiten Art von Flucht. Wenn ein Ort von Feindtruppen besetzt wurde, flohen natürlich viele Bürger. Oft schickten die Hausväter von Redwitz, schon bevor Feinde kamen, ihre Frauen und Kinder mit Vieh, Hab und Gut an sichere Orte im Ausland, entweder in der kurbayerische-katholischen Pfalz, das markgräflich-evangelische Wunsiedel (1632 neutral, Bd. 1, S. 19) 12 oder Eger. Weil nun der Markt in seinem Hausbestand bestehen blieb, kehrten natürlich die Redwitzer zurück und blieben keine Flüchtlinge.
Umgekehrt flohen natürlich auch viele zeitweise nach Redwitz hinein. Wenn eine Partei eine stabile Vorherrschaft in der Region besaß, dann war Redwitz im Vorteil, weil es immer auf der Siegerseite war und sich eine Schutztruppe oder einen Schutzbrief stellen lassen konnte. Mal die Pfälzer, ein anderes Mal die markgräflichen Untertanen flohen dann in den Markt. Die Männer mussten helfen, den Markt zu verteidigen. Das Gros der Flüchtlinge waren Frauen und Kinder.13 1632 waren in manchem Haus bis zu 60 Arzberger, Schirndinger, Thiersheimer und andere Ausgebrannte – dann brach eine Seuche aus.14 Die Bauern blieben oft nur wenige Tage, bis die Soldaten weitergezogen waren. Sie mussten wieder auf ihre Felder und ihre Tiere auf die Weiden treiben. Egerer und andere Bürger, Pfälzer Beamte und Landadelige blieben länger.15 Scheinbar bis 1646 nahm der Rat nichts von den Flüchtlingen. Dann mussten diese einen „Aufschlag“ für hereingeflüchtetes Gut zahlen: Für jeden Ochsen oder Pferd mussten 50 Kreuzer, für jede Kuh 38 Kreuzer und für Kleinvieh etwas weniger bezahlt werden.16 Dem Rat von Redwitz kostete der Schutz einer Salva Guardia, gleich ob geschrieben oder lebend und bewaffnet, ein Vielfaches dieses Aufschlags.
Es wäre zu untersuchen, ob zu den zeitweise Einfliehenden Beziehungen entstanden, die später zu standesgemäßen Heiraten zwischen Bürgerfamilien verschiedener Orten führten.
Dasselbe Muster von Einfliehen und baldiger Rückkehr nach Hause betraf Bauern aus der Pfalz und den Sechs Ämtern. Sie kehrten baldmöglichst auf ihre Weiden und zu ihren Feldern zurück.
Zu dauerhaft Fortziehenden – den Arbeitsmigranten als dritter Gruppe der Flüchtlinge – wurden dann doch vor allem die Bauern. Georg Leopold beschreibt, wie selbst Großbauern durch die Steuerlast verarmten. Dann kamen Räuber und Feindtruppen, die ihnen ihr Vieh und die Feldfrüchte nahmen. Das geschah dann so häufig, dass die Bauern gar nicht mehr zu Aussaat und Ernte kamen. Die Soldaten forderten aber trotzdem ihre Beute, brannten immer mehr Höfe nieder, folterten und mordeten. Angesichts dessen flohen die Bauern in befestigte Orte und verkauften dort ihren Besitz. Leopold beschreibt, dass infolgedessen viele nach Sachsen und Böhmen auswanderten, um Arbeit zu finden. Den Flüchtlingen, die zu Beginn der 1630er Jahre und 1641 in Redwitz und der Umgebung blieben, drohte der Tod. Hunger und Seuchen grassierten hier und so konnten die Redwitzer selbst nicht helfen.17
Es wäre zu untersuchen, in wie weit sich Bauern dennoch in der Stadt niederlassen konnten, denn ihre Berufe (keine Krämer und Handwerker) passten nicht. Trotzdem erschien vielen diese Region als Rettungspunkt.
Für die vierte Gruppe der Flüchtlinge, die auf Dauer Heimatlosen, hatten
die Redwitzer und Pfälzer einen eigenen Namen: Franken. Offenbar hatte der Krieg mainabwärts so viele Orte zerstört, dass die Bewohner hierher flohen. Wahrscheinlich waren sie mehrheitlich Katholiken. Georgs Mitbürger zeigten wenig Mitleid. Sie verdächtigten die „Franken“ der Zauberei.
„[Anno 1634] haben die Mäuse dem lieben Getreid
auf dem Feld also zugesetzet und abgefressen.
Und dies hat etliche Jahr gewähret. Man hat etliche Ursachen,
woher eine solche große Menge kommen, vorgeben.
Teils haben vermeinet; Weil(n) die meisten Felder im Land wüst und
öde gelegen, so haben sie sich gegen die besamten Felder häufig gezogen;
wie man es denn oft genommen, dass sie [die Mäuse] sich über die Wasser
begeben und durchschwommen.
Teils haben sie vermeinet: Es sei durch Zauberei zugegangen,
weil(n) sonderlich das ganze Land voller Franken herum(b)zogen,
welche in dieser Kunst so wohlerfahren. Denn weil(n) ganz Frankenland
dieser Zeit von den schwedischen Völkern beherrscht und das ganze Land
so verderbt worden, dass außerhalb der Stadt im ganzen Land niemand wohnen
und bleiben können, haben sich dieser Zeit die meisten Franken mit Weib
und Kindern hierum(ben) auch in Pfalz, Böheim(b) (hin und her) begeben.
Alle Tage um 100 Häuser herumgeloffen und gebettelt.
Diese Leute haben uns fast 2 Jahre solchergestalt überloffen und beschwert,
bis sie sich wieder nach Hause begaben. Weil(n) diese fromme Leut
vor Augen herumgingen, ist dieser Argwohn auf sie geraten.
Andere hatten andere Ursachen, aber die vornehm(b)sten Ursachen sind
unser Sünden, mit welchen wir Gott, den Allmächtigen, täglich erzürnen
daß er uns solchergestalt seinen grimmigen Zorn vor Augen stelle.
denn wir hatten vor uns häufig alle Landplagen, wie Krieg, Teuerung, Pestilenz
und böse Tiere. Überdies haben wir keinen wahren öffentlichen Gottesdienst gehabt,
daher(o) viel Leut trostlos dahinstarben, auch viel
hungerswegen verschmachtet haben müssen."18
Mitunter suchten Vaganten in verlassenen Häusern nach Schrott oder sie legten tatsächlich Feuer in Dörfern, um im Durcheinander die Häuser auszurauben. Die Angst davor führte 1632 in Weißenstadt dazu, dass vermeintliche„Zigeuner“ als sei bereits weiter gezogen waren, massakriert wurden.19 Es ist also den Redwitzern zu Gute zu halten, dass es nicht zu solchen Exzessen kam. Ob die „Zigeuner“ nach dem Krieg auch andere Heimatlose integriert hatten ist unklar, weshalb hier nicht von Sinti und Roma sondern besser von Fahrenden geschrieben werden sollte.
Die Zigeuner wurden von den Redwitzer Bürgern geduldet. 1644 waren sie froh, dass die Fahrenden wiederkehrten, weil sie es als (verfrühtes) Zeichen des Friedens sahen. Zwar ließ man sie nicht ein, doch mitunter bekamen sie Obdach in den Städeln vor den Toren. Die Räte und Bürgermeister und auch Adelige standen 1670 und 1673 sogar bei Taufen Pate. Anders in der Markgrafschaft, wo man Zigeunern die Einreise verbot.20
Kriege generell brachten natürlich auch eine Abwanderung von jungen Männern, die Soldaten wurden. Georg Leopold berichtet zwar von Anwerbungen vor der Stadt, aber stellt eher die Pfälzer als kriegsdienstwillig dar. Interessant wäre, ob der Markt davon profitierte, dass die unruhigen, virilen Burschen und die nachgeborenen Söhne wegzogen, die keine Aussicht hatten, in Redwitz eine bürgerliche Existenz zu gründen.
1691 hatte Redwitz wieder 877 Einwohner.21 Das war ein Anstieg der Bevölkerung seit 1649 um 20 Prozent.
In der Kriegs- und Nachkriegszeit konnte der Markt Bevölkerungsverluste noch relativ einfach ausgleichen. Neben den Flüchtlingen und Umsiedlern aus Böhmen und Kärnten (Rekatholisierungen in der Nachkriegszeit) gab es auch abgemusterte Soldaten, die sich hier niederließen. Leopold geht aber nur auf ein Beispiel explizit ein: Ein Same hatte sich nach Kriegsende in Pfaffenreuth als Korbflechter niedergelassen. (Andreas Matheson litt offenbar noch unter seinen Erfahrungen als schwedischer Soldat, denn er war sehr religiös und hatte psychische Störungen.)22
Die Erholung der Bevölkerungszahlen wurde dadurch begünstigt, dass Bausubstanz und damit die Werkstätten im Wesentlichen erhalten geblieben waren. So fanden Zuzügler durch Erbfälle oder Einheirat ihren Platz. Durch die Wiederbesiedlung der verlassenen Bauernhöfe und Dörfer gab es sicher auch viel Nachfrage nach Produkten aus Redwitz. Jedenfalls gab es viele Spenden und Steuern, wodurch die Kirche und andere öffentliche Gebäude verschönert werden konnten. Wenn es schon für Gastarbeiter wie Künstler Arbeit gab, dann sicher auch für andere Handwerker.
Eine Kehrseite hatte es jedoch, dass viele Bauernkinder billig zu eigenen Bauernhöfen kamen und nicht mehr Knechte und Mägde werden mussten: In Redwitz gab es in den 1650er Jahren kein Gesinde mehr. Georg Leopold schimpft, dass Dienstboten mehr Lohn, eigenen Wohnraum und andere Vergünstigungen verlangten. Dabei blieb unausgesprochen, dass in der Kriegszeit Flüchtlinge viel billiger und fleißiger gewesen waren. Es wird aber auch klar, dass vor dem Dreißigjährigen Krieg viele Knechte und Mägde arme Arbeitsmigranten aus dem weiteren Umland gewesen waren.
Fußnoten
1 Gebhardt: 100jährige Feier, S. 8
2 Leopold: Chronik Bd. II, S. 80. 1755 waren es etwa 90 Wohnhäuser. Vergl.: KAE, Redwitzer Akten A 2712/11 (3) Bauwesen; Pechmann: Entstehungsgeschichte, S. 16
3 Der fünf Personen pro Kleinstadt-Haushalt Statistik entsprach Redwitz 1755 wieder: Es gab zwei Eigentümer, d. h. Familienväter, pro Haus, entsprechend 11 Leuten pro Haus Vergl.: KAE, Redwitzer Akten A 2712/11 (3) Bauwesen; Pechmann: Entstehungsgeschichte, S. 16
4 Arzberger: Herr Gib Frieden, S. 81, 165
5 Capeller, Franz: Geschlechterbuch von Marktredwitz Bd. 1-3, Marktredwitz 1969
6 Leopold: Chronik Bd. II, S. 180 – 182.
7 Leopold: Chronik Bd. II, S. 148 – 150
8 Leopold: Chronik Bd. II, S. 122; Röttger: Kunstdenkmäler, S. 630,1; www.starks-historische-spurensuche.de/Sechsaemterland/Grabdenkmaeler/Marktredwitz/Marktredwitz_Grabdenkmaeler.htm, Fassung vom 20.3.2016
9 Leopold: Chronik Bd. I, S. 97, 298; Arzberger: Herr Gib Frieden, S. 176
10 Leopold: Chronik Bd. I, S. 298
11 Zu Epidemien vgl. Arzberger: Herr Gib Frieden, S. 374 – 386, bes. S. 380
12 Leopold: Chronik Bd. I, S. 298
13 Leopold: Chronik Bd. I, S. 27, 252
14 Leopold: Chronik Bd. I, S. 25
15Leopold: Chronik Bd. I, S. 140, 187 – 189
16Leopold: Chronik Bd. I, S. 259 f., 286
17 Leopold: Chronik Bd. I, S. 82 – 84, 86, 152
18 Heutzutage leidet die Schweiz unter vergleichbaren Mäuseplagen. Grund ist, dass innerhalb weniger Jahre viele Bauern ihre Felder nicht mehr pflügten und kein Vieh mehr auf die Weiden führten. So bleiben die Mäusegänge unzerstört und mehr Mäuse überleben den Winter. Dann ziehen sie zu den bestellten Feldern. Vgl.: Leopold: Chronik Bd. I, S. 53)
19 Arzberger: Herr Gib Frieden, S. 57 – 59
20 Leopold: Chronik Bd. I, S. 92, 219 f., Leopold: Chronik Bd. II, S. 260, 295. Zigeuner im Kriegstross beschrieb Leopold mit einem Interesse an Exotik.
21 1801 war der Markt durch die Heimwirtschaft und Manufakturen aber auch ein allgemeines Bevölkerungswachstum im 18. Jahrhundert auf 1262 kopfsteuerpflichtige Einwohner gewachsen. Vergl.: Gebhardt: Chronik, S. 85; Pechmann: Entstehungsgeschichte, S. 16
22 Leopold: Chronik Bd. II, S. 249
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Überblick
Neben den Bürgern lebten und arbeiteten auch Auswärtige im Markt. Im Krieg kamen verschiedene Flüchtlingsgruppen hinzu.